Die Auswahl an frischen, essbaren Wildpflanzen ist im Winter größer als man denkt. Echter Kerbel (Anthriscus cerefolium), ein besonders feines Kraut, wir dabei leider oft vergessen.
Vor allem im Osten Österreichs ist der Echte Kerbel häufig in Laubwäldern, Hecken, Gebüschen, Weinbergen und auf Brachen zu finden, ohne, dass er große Beachtung findet.
Lebenszyklus und botanische Merkmale
Der Echte Kerbel keimt Spätsommer. Aus den Keimlingen entwickeln sich zarte Rosettenpflänzchen mit zwei- bis vierfach gefiederten oder fiederteiligen Laubblättern. Sie fallen meist erst im Herbst richtig auf und sind den ganzen Winter über saftig grün. Der aromatische Geruch des einjährigen Doldenblütlers, der an Anis und Fenchel erinnert, ist beim Reiben der Laubblätter besonders intensiv wahrnehmbar.
Im Frühling wächst aus der Rosette meist ein bis maximal 80 cm hoher Stängel. Schon ab April beginnt der Kerbel in hübschen, weißen Doppeldolden zu blühen, die aus jeweils zwei bis sechs Döldchen bestehen.
Im Sommer reifen die Samen heran. Dieser Lebenszyklus macht den Kerbel für uns zu einem typischen Winterkraut.
Wichtige Erkennungsmerkmale: Alle Pflanzenteile des Echten Kerbels sind von feinen Härchen überzogen! Die Früchte sind schmal, zylindrisch und seitlich immer mit feinen, weißen Haaren besetzt.
Wie alle Doldenblütler besitzt der Echte Kerbel ein scheidig vergrößertes Unterblatt (siehe Abb. unten).
Kultivierung
Kultivieren wir die Pflanze im Garten, so säen wir die Samen schon im März und April direkt in die Erde und können zwei Monate später ernten. Im Sommer kann eine zweite Aussaat für die Herbst- und Winterernte erfolgen. Der Kerbel kann uns also fast das ganze Jahr über kulinarisch oder volksmedizinisch begleiten.
Bei uns pflegt der Kerbel ein Schattendasein neben viel bekannteren Küchen- und Wildkräutern. Petersilie, Schnittlauch und sogar Spitzwegerich oder Giersch finden viel häufiger in unser Essen als der Kerbel. Das mag daran liegen, dass viele Menschen befürchten, das zarte Kraut mit einem giftigen Doldenblütler zu verwechseln, doch mit etwas Übung ist das kein Problem. Die frischen Blätter duften auch im Winter beim Reiben intensiv aromatisch.
Kulinarik
Kulinarisch werden vor allem die Blätter der Pflanze verwendet. Hier ist zu beachten, dass Kerbelkraut nicht oder zumindest nicht zu lange erhitzt werden sollte! Gehackter Kerbel wird am besten erst nach dem Kochen oder am Ende der Kochzeit beigefügt. Auch Trocknen sollte man das Kraut nicht, dabei verliert es, wie bei längerem Kochen, seinen Geschmack.
Der Echte Kerbel passt wunderbar zu Fisch und ist auch ein klassischer Bestandteil der bekannten Frankfurter Grünen Sauce. Ansonsten ist er in kleineren und größeren Mengen ein wunderbares vitamin- und mineralstoffreiches Wildkraut, das mit vielen Speisen und auch Smoothies harmoniert.
Inhaltsstoffe und Heilkunde
Echter Kerbel enthält viel ätherisches Öl, Phenole, Flavonoide, Carotin, Vitamin C, Mineralstoffe und Spurenelemente (v.a. Eisen und Magnesium) Bitterstoffe und Furanocumarine. Die Pflanze wird zwar schon seit dem Altertum verwendet, scheint aber nicht allzu häufig Gegenstand medizinischer Forschungen zu seinen Inhaltsstoffen gewesen zu sein. Als Heilpflanze kommt er zumindest in Mitteleuropa eher selten zur Anwendung.
Dabei hat der aromatische Doldenblütler viel zu bieten: Echter Kerbel regt den Stoffwechsel an, wirkt entzündungshemmend (u.a. bei Hautproblemen) und fördert die Blutbildung. Auch seine harntreibende und verdauungsfördernde Wirkung ist bekannt. Zudem stärkt er das Immunsystem und regt aufgrund der enthaltenen ätherischen Öle und Bitterstoffe auch den Appetit an. Mittlerweile gibt es interessante Studien zur möglichen krebsabweisenden Wirkung von Auszügen aus verschiedenen Pflanzenteilen.
Meist kommen volksmedizinisch die krautigen Pflanzenteile zum Einsatz. Die Früchte wurden früher angeblich bei Lungentuberkulose verwendet.
Verwandte des Echten Kerbels
Neben dem Echten Kerbel (A. cerefolium) gibt es noch einige verwandte die man gut und gerne in der Küche nützen kann.
Wiesen-Kerbel (Anthriscus sylvestris) hat einen dezenten, unaufdringlichen Duft sowie Geschmack von Kümmel und Annis. Seine feinen, weichen Blätter können genauso wie die des Echten Kerbel verwendet werden. Die Wurzelrüben, welche man im zweiten Jahr das Lebenszyklus ernte kann kann ebenso in Wurzelgemüse und Suppen verkocht werden.
Ein weiterer schmackhafter Verwandter ist die Kerbelrübe (Chaerophyllum bulbosum). Man findet sie oft an Feldrändern, auf Böschungen oder in Heckengemeinschaften. Hier wird, wie der Name schon vermuten lässt, bevorzugt die Würzelrübe der Pflanze gegessen. Wir haben zum Beispiel Kerbelrübenpüree daraus gemacht.
Interessante Links zum Thema:
– https://www.pflanzen-deutschland.de/Anthriscus_cerefolium.html, abgerufen am 29.12.2022
– Fleischhauer, S. G. etal.: Enzyklopädie essbare Wildpflanzen. 3. Aufl., Aarau: AT Verlag 2016.
– Stojković, D. etal.: Extract of Herba Anthrisci cerefolii: Chemical Profiling and Insights into Its Anti-Glioblastoma and Antimicrobial Mechanism of Actions. In: Pharmaceuticals (Basel). 2021 Jan 12;14(1):55