Der Rotrandige Baumschwamm – Heilpilz mit vielen Facetten

Der Rotrandige Baumschwamm – Heilpilz mit vielen Facetten

Fichtenporling

Der Rotrandige Baumschwamm ist ein besonders häufiger Heilpilz in unseren heimischen Wäldern. Aufgrund seines auffällig bunten Farbspektrums fällt er fast jedem Waldbesucher auf.

Über die erstaunlich vielseitigen Fähigkeiten des Pilzes, die einerseits seine große Bandbreite heilkundlicher Wirkungen betreffen, andererseits aber auch in der Lebensmittelindustrie, zum Färben, Papierschöpfen, Schnitzen und sogar für die ökologische Sanierung von Gewässern und anderen Lebensbereichen unserer Umwelt nutzbar sind, weiß man oft wenig.

Die wichtigsten Erkennungsmerkmale:

Der Rotrandige Baumschwamm (Fomitopsis pinicola) ist ein parasitisch lebender Pilz aus der Familie der Baumschwammverwandten (Fomitopsidaceae). Wir finden ihn sowohl an Nadel- als auch an Laubbäumen. Besonders gerne wächst er an Fichten, weshalb man ihn im Volksmund oft Fichtenporling nennt. Der Totholzbewohner gedeiht aber auch an Buchen, Erlen, Birken, Weiden, Lärchen, Kiefern und Tannen.

Der Fruchtkörper (= Hut) des mehrjährigen Pilzes besitzt keinen Stiel und kann bis zu 30, manchmal sogar 40 cm Breite und 15 cm Tiefe erreichen.
In jungem Stadium ist er knollig bis halbkugelig, farblich weiß bis gelb und häufig von Guttationstropfen bedeckt.  Später ist der breit am Holz angewachsene Fruchtkörper meist konsolenförmig und auf der Oberseite etwas buckelig.

Besonders interessant ist das Farbspektrum des Pilzes: Der Hutrand ist während des Wachstums weiß, in der Mitte ist der Fruchtkörper gelb bis orange. Im Alter ist der Hutrand meist orange bis rotbraun, die Hutoberseite grau oder dunkelbraun bis schwarz und rissig.

Zündet man die meist etwas klebrige Hutoberfläche an, so schmilzt sie. Anhand dieses Tests kann man den Pilz auch gut vom Zunderschwamm unterscheiden.

Fomitopsis pinicula

Die Unterseite des Fruchtkörpers ist von feinen, rundlichen Poren übersät, die jung weiß bis hellgelb, später dunkelgelb bis braun sind.
Die Porenschicht verfärbt sich auf Druck nicht.

Das Pilzfleisch duftet angenehm pilzig und würzig, manchmal auch säuerlich.

Der Fruchtkörper ist zwar hart und zäh, frisch aber gut zu schneiden und viel einfacher zu verarbeiten als etwa ein Zunderschwamm.

Der Pilz kann ganzjährig gesammelt werden. Man findet frische Fruchtkörper allerdings häufiger im Herbst oder Winter.

Der Rotrandige Baumschwamm wird seit vielen Jahrhunderten in unterschiedlichen Kulturen auf verschiedenen Erdteilen volksmedizinisch genutzt. Wissenschaftlich intensiver erforscht wird der Pilz mit dem großen Wirkungsspektrum erst in den letzten Jahren.

Fomitopsis pinicula

Der Rotrandige Baumschwamm in Volksmedizin und Forschung

Eine der bekanntesten Anwendungen des Fichtenporlings ist die Verwendung des Pilzpulvers aus den getrockneten Fruchtkörpern zur Blutstillung und zur Wundbehandlung.
So nutzten einige Indianerstämme Nordamerikas eine mit dem Pilzpulver angerührte Paste zur Blutstillung selbst bei stark blutenden Wunden. Nordamerikanische Ureinwohner setzten den Pilz auch zur Anregung der Verdauung wie auch als Mittel gegen Durchfall ein. Bei Kopfschmerzen rauchte man das getrocknete, zerkleinerte Pilzfleisch. Gegen wiederkehrende Fieberschübe wurden Extrakte aus dem Pilz getrunken.

Heute wird der Rotrandige Baumschwamm vor allem zur Stärkung des Immunsystems, der Bauchspeicheldrüse und aufgrund seiner krebshemmenden Inhaltsstoffe eingesetzt. Forschungsergebnisse belegen mittlerweile die tumorhemmende Wirkung der im Pilz enthaltenen Polysaccharide (β-Glukane, Heterogalactane).

Neue Studien bestätigen auch die entzündungshemmenden Eigenschaften von im Fruchtkörper enthaltenen Triterpenen, die bei Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises und anderen entzündlichen Erkrankungen, z.B. im Magen- Darmbereich, genutzt werden können. Nicht zuletzt kann der Pilz die Regeneration der Leber positiv beeinflussen und den Stoffwechsel anregen. Auch die schmerzstillende und antioxidative Wirkung sollten unbedingt erwähnt werden.

Die schon angesprochenen im Pilz enthaltenen Terpene (Mono-, Sesqui- u. Triterpene) befinden sich vor allem in der Pilzkruste (= Huthaut), die bei der Verwendung unbedingt mitverarbeitet werden sollte. Auch Sterole (z.B. Ergosterol), Ketone, Aldehyde, freie Fettsäuren und Enzyme gehören zu den heilkundlich relevanten Inhaltsstoffen des Pilzes.

Verarbeitung und weitere Verwendungsweisen

Möchte man den Rotrandigen Baumschwamm verarbeiten, so schneidet man die frisch geernteten Fruchtkörper in möglichst kleine Würfel und trocknet sie im Dörrgerät oder im Backrohr langsam bei 40 °C. Anschließend können die harten Pilzstücke in einer guten elektrischen Kaffeemühle oder einem Blender gemahlen werden, was allerdings etwas dauert.
Wir bereiten Pilzstücke oder Pilzpulver gerne als Tee zu (immer 30 Minuten kochen!), den wir kurweise für 6 bis 12 Wochen trinken. Die Teemenge erhöhen wir von einer Tasse in der ersten Woche auf maximal 500 ml.
Auch Tinkturen, Ölauszüge für Salben oder andere Extrakte sind rasch angesetzt. Mittlerweile findet man auch Vitalpilzprodukte unter dem lateinischen Namen Fomitopsis pinicula im Handel. 

Der Fichtenporling gilt in Europa eigentlich als ungenießbar. In Ostasien wird das harte Fruchtfleisch aber offenbar manchmal kulinarisch verarbeitet. Neue Studien lassen auf interessante Nutzungsmöglichkeiten in der Lebensmittelindustrie, zum Beispiel bei der Brotherstellung schließen. Haltbarkeit und Geschmack von Brot lassen sich durch Beigabe von fermentiertem Pilzpulver offenbar deutlich verbessern. 
Früher wurde der Pilz häufig zum Färben von Wolle und Seide in unterschiedlichen Farbtönen (von olivgrün bis gelb) und zum Papierschöpfen verwendet.
Einige vom Pilz produzierte Enzyme sind zudem in der Lage, giftige Insektizide zu spalten und damit unschädlich zu machen – dies könnte in Zukunft von großem Wert sein. Ebenso bindet der Rotrandige Baumschwamm Schwermetalle und könnte so für die Reinigung von Gewässern eingesetzt werden.

Wundsalbe mit Rotrandigem Baumschwamm

Besonders gerne nutzen wir den Pilz mit den erstaunlichen Eigenschaften in Form unserer blutstillenden Wundsalbe, die wir euch unbedingt empfehlen können:

Zutaten

  • Für 3 Gläser à 60 ml:
    – 200 ml Öl-Auszug aus Rotrandigem Baumschwamm
    – ½ TL fein gemahlenes Pilzpulver aus getrocknetem Rotrandigem Baumschwamm
    – 20 g Bienenwachs
    – 7 g Sheabutter
    – 10 ml Tinktur aus Rotrandigem Baumschwamm (aus auch Birkenporling oder
    Zunderschwamm)
    – 5-7 Tropfen ätherisches Öl (Wilde Möhre, Weihrauch, Myrrhe etc.)

Zubereitung

  • – Der Öl-Auszug aus Rotrandigem Baumschwamm wird langsam im Wasserbad mit Bienenwachs auf ca. 60 °C erwärmt, bis das Bienenwachs geschmolzen ist.
    – Danach lässt man die Mischung auf ca. 45 °C abkühlen und rührt Sheabutter
    und Pilzpulver ein.
    – Zuletzt werden rasch die Pilztinktur und die ätherischen Öle untergerührt.
    – Die Salbe flüssig in kleine, sterilisierte Cremedosen füllen und abkühlen lassen – erst nach dem Abkühlen verschließen!
    – Wundsalbe mit Rotrandigem Baumschwamm ist besonders bei Verletzungen und Wunden empfehlenswert. Sie wirkt keimtötend, entzündungshemmend und wundverschließend.

    Anmerkung zu Ölauszug und Tinktur:
    Wie aus Kräutern können aus Pilzen Ölauszüge und Tinkturen hergestellt werden. Wir bereiten Ölauszüge immer als Kaltauszüge mit getrocknetem Pilzmaterial zu, die 4-6 Wochen ziehen dürfen. Für die Herstellung von Salben verwenden wir meist hochwertiges, kaltgepresstes Olivenöl.
    Für Tinkturen verwenden wir bei harten Fruchtkörpern 70-80 %igen Alkohol (Ansatzkorn oder Weinbrand) und lassen sie 3-4 Wochen ziehen.

Schon beim nächsten Waldspaziergang kann euch der Rotrandige Baumschwamm begegnen, da er ein besonders häufiger Pilz ist. Wir wünschen euch viel Erfolg beim Entdecken!

Unsere Informationen haben wir unter anderem aus diesen Publikationen entnommen:

– Guthmann, Jürgen: Heilende Pilze weltweit. Beschreibung – Inhaltsstoffe – Wirkung. Wiebelsheim: Quelle & Meyer, 2024. 3. Aktualisierte u. erw. Aufl.
– Hobbs, Christopher: Ganzheitliche Anwendung von Heilpilzen. Vital und gesund mit Pilzen in Hausapotheke und Küche. (o.O.): Herba Press, 2022.
– Karen S Bishop: Characterisation of Extracts and Anti-Cancer Activities of Fomitopsis pinicola. Nutrients. 2020 Feb 26;12(3):609. doi: 10.3390/nu12030609. PMID: 32110892; PMCID: PMC7146440: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/32110892/, abgerufen am 17.12.2024
– Tu J, Zhao J, Liu G, Tang C, Han Y, Cao X, Jia J, Ji G, Xiao H. Solid state fermentation by Fomitopsis pinicola improves physicochemical and functional properties of wheat bran and the bran-containing products. Food Chem. 2020 Oct 30;328:127046. doi: 10.1016/j.foodchem.2020.127046. Epub 2020 May 21. PMID: 32470773, https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S0308814620309080?via%3Dihub, abgerufen am 17.12.2024

Hier findest du weitere interessante Beiträge zu wichtigen heimischen Vitalpilzen:

– Der Gemeine Spaltblättling ist ebenfalls besonders häufiger, vielseitiger Heilpilz, der auf anderen Kontinenten auch gerne gegessen wird.
– Der Gemeine Samtfußrübling ist eines unser absoluten Winter-Highlights – kulinarisch wie heilkundlich.
– Die Schmetterlingstramete nicht zuletzt gilt als einer der wichtigsten Vitalpilze überhaupt und einer der häufigsten heimischen Waldbewohner.

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