Die schöne Wegwarte (Cichorium intybus) ist kulinarisch heute ein wenig in Vergessenheit geraten. Seltsam eigentlich, da sie eine besonders häufige und regelrecht unverwüstliche Pflanze ist. Heute ändern wir das und zaubern Panna Cotta mit Wegwartenkaffee.
Schon die alten Ägypter sollen das Kraut gerne gegessen haben, im arabischen Raum war die Wurzel bereits im Altertum ein bekanntes Wurzelgemüse.
Lediglich der Ersatzkaffee aus der Wegwarte, der Zichorienkaffee, ist uns heute noch bekannt. Er kann in guten Reformhäusern nach wie vor gekauft werden.
Zichorienkaffee wird allerdings im professionellen Anbau aus einer Unterart der Gewöhnlichen Wegwarte
(Cichorium intybus), nämlich aus der Wurzel-Wegwarte (Cichorium intybus var. sativum) gewonnen.
Sie besitzt eine sehr große, bis zu 500 g schwere Wurzel.
Für den Eigenbedarf kann allerdings gerne die Gewöhnliche Wegwarte vom Wegesrand verwendet werden – sie schmeckt genauso gut, wenn sie auch etwas kleiner ist.
Wegwarten-Zeitgeschichte
Der Wegwartenkaffee wird in Deutschland gerne Muckefuck genannt, eine Verballhornung des Französischen Mocca faux (= falscher Kaffee).
Wie es dazu kam? Im 18. Jahrhundert förderte Friedrich II (1712-1786) den Anbau der Wurzel-Wegwarte für die Herstellung von Zichorienkaffee, um den Import von Kaffee zu minimieren und die Staatskasse zu schonen. Auch Napoleon forcierte den Anbau von Wurzel-Wegwarten in großem Stil, als er 1806 durch die von ihm verhängten Kontinentalsperre den Import von Waren aus dem Vereinigten Königreich und damit auch den Import von Kaffee verbot. Daher hat der Ersatzkaffee aus der bitterstoffreichen Wurzel in diesen Ländern eine lange Tradition.
Dauerhaft konnte der Wegwartenkaffee allerdings nicht gegen die Kaffeebohne gewinnen.
Wegwarten-Kulinarik
In Notzeiten wurde die Wurzel hierzulande auch als Gemüse gegessen. Wir finden Wegwartewurzeln geschmacklich ähnlich Löwenzahnwurzeln: bitter-aromatisch, leicht fruchtig und von angenehm fester Konsistenz. Sie sind keineswegs zäh, sondern gut zu verarbeiten und bereichern jedes Gemüsegericht.
Wir stellen natürlich auch gerne Zichorienkaffee aus den Wurzeln her: Er bringt neben seinem interessant herben Geschmack auch die Verdauung in Schwung.
Die Blätter der Wegwarte passen in Salate, grüne Suppen und Spinat. Da sie recht herb schmecken, mischen wir sie gerne mit anderem Wildgemüse. Wie wir schon in unserem letzten Beitrag erwähnt haben, sind Chicorée, Endivie, Radiccio und Zuckerhut aus der Wegwarte hervorgegangen. Warum sollten wir also nicht auch die Blätter der Gewöhnlichen Wegwarte in Salaten verwenden? Der Versuch wird euch nicht enttäuschen!
Die Blüten sind ein wunderschöner, essbarer Schmuck auf jeder Speise, wenn sie auch rasch verwelken.
Wegwarten-Anbau
Da wir mittlerweile große Wegwartenkaffee-Fans sind, haben wir begonnen, die Wurzeln im Garten zu kultivieren, was gar kein Problem ist! Ihr müsst lediglich vom Herbst bis in den Winter die reifen Früchte verblühter Pflanzen sammeln, sie über den Winter trocken und dunkel aufbewahren und sie im Frühling auf eure Gemüsebeete ausbringen. So könnt ihr schon im nächsten Herbst die köstlichen, wertvollen Wurzeln ernten.
Panna Cotta mit Wegwartenkaffee
Wir haben diesmal ein Rezept für Panna Cotta mit Wegwartenkaffee veredelt und sind überrascht, wie fein es schmeckt – ein Gedicht! Das Rezept wollen wir euch nicht vorenthalten:
Zutaten
- Für den benötigten Wegwartenkaffee
– 150ml Wasser
– 2 TL Wegwartekaffee-Pulver
- Für 4 Portionen Panna Cotta mit Wegwartenkaffee
– 400 ml Schlagobers
– 100 ml starker Wegwartenkaffee
– 4-5 TL Zucker
– 1 leicht gehäufter TL Agar Agar
– 1 leicht gehäufter TL Maisstärke
– je 1 Msp. Zimt und Kardamom
Zubereitung
– Für die Herstellung des Wegwartenkaffepulvers, sofern ihr nicht bereits welchen zur Hand habt, werden zunächst ein paar Wegwartewurzeln ausgraben und sauber waschen.
– Anschließend schneidet man die Wurzeln in kleine Stücke und trocknet sie bei 40 Grad im Backrohr.
– Dann werden die Wurzelstücke langsam und ohne Fett bei mittlerer Hitze in einer Pfanne angeröstet, bis sie mittelbraun geröstet sind – das dauert etwa 10 Minuten.
– Die Wurzelstücke in einem verschlossenen Gefäß dunkel aufbewahren und bei Bedarf in einer Kaffeemühle oder mit dem Pürierstab mahlen.
– Für den starken Wegwartenkaffee wird das Wegwartenkaffepulver in eine Tasse gefüllt und mit dem kochenden Wasser aufgegossen: Einmal umrühren und den Kaffee für 5 Minuten zugedeckt ziehen lassen.
– Anschließend durch einen Kaffeefilter oder ein feines Tuch seihen.
– Für die Panna Cotta werden Maisstärke und Agar Agar mit 100 ml vom Obers vermischt und zu einer homogenen Masse verrührt.
– In der Zwischenzeit wird das restliche Schlagobers, der Wegwartenkaffee, Zucker, Zimt und Kardamom in einen Kochtopf gefüllt und zum Kochen gebracht.
– Nun wird die Mischung aus Maisstärke, Agar Agar und Obers beigefügt und die Creme gut 2 Minuten gekocht. Dabei immer wieder umrühren, damit sie sich nicht anlegt!
– Die Creme nach den 2 Minuten Kochzeit in vorbereitete, kalt ausgespülte Puddingförmchen füllen, etwas auskühlen lassen und danach für mindestens 3 Stunden im Kühlschrank kaltstellen.
– Zum Servieren aus der Form stürzen: Jedes Förmchen wird dafür kurz in heißes Wasser getaucht und die Panna Cotta anschließend gestürzt.
– Wir genießen diese Panna Cotta mit Wegwartenkaffee meist ohne Sauce oder anderes Beiwerk – weil sie einfach so gut schmeckt und nichts weiter nötig ist!
Weitere Links und Rezepte
Wer die Wegwarte noch nicht kennt oder mehr über sie erfahren möchte sollte bei unserem Blog-Beitrag „Die Gewöhnliche Wegwarte – Schönheit mit vielen Vorzügen“ vorbei schauen.
Ähnlich wie die Wurzeln der Wegwarte sind auch die vom Löwenzahn (Taraxacum sp.) zu nutzen. Wir haben Löwenzahnwurzel-Parfait daraus gemacht.
Wem der herbe Geschmack der Wegwarte nicht ganz zusagt, dem empfehlen wir alternativ unsere Schlehen-Panna Cotta auf Schlehensauce.
Verwendete Literatur
– Bäumler, Siegfried: Heilpflanzenpraxis Heute. Arzneipflanzenporträts. 3. Aufl., München: Elsevier, 2021.
– Weidinger, Hermann Josef: Heilkräuter anbauen, sammeln, nützen, schützen. Wien – Heidelberg: Ueberreuter, 1983.